Pankreatitis (Bauchspeicheldrüsenentzündung)
Akute Pankreatitis
Vorkommen
Akute Pankreatitis trifft in Deutschland pro Jahr 43 von 100 000 Einwohnern. 1 Wenn man die gleiche Häufigkeit annimmt, erkranken beispielsweise im Kanton Bern jedes Jahr fast 60 Menschen daran. Die Geschlechts- und Altersverteilung hängt von der Ursache ab. Wenn Gallensteine die Ursache sind, sind beide Geschlechter gleich betroffen, und die Häufigkeit nimmt mit dem Alter zu. Die alkoholbedingte Pankreatitis betrifft mehr Männer, da ist der Erkrankungsgipfel im Alter von 25-65. 2 Es gibt auch andere, seltenere Ursachen, zum Beispiel tritt es in einigen Familien gehäuft auf.
Symptome
Der Schmerz bei akuter Pankreatitis ist meist quer, «gürtelförmig» im Oberbauch, mit Ausstrahlung in den Rücken. Die Schmerzen sind sehr heftig, anhaltend, und der Allgemeinzustand ist oft auch deutlich reduziert. Es gibt zwei verschiedene Verläufe.
Der mildere Verlauf ist die «Ödematöse Pankreatitis», bei der die entzündete Bauchspeicheldrüse «nur» anschwillt, der viel schwerer verlaufenden «nekrotisierenden Pankreatitis» sterben Areale der Drüse ab, was aufgrund der freigesetzten Verdauungssäfte risikoreicher ist.
Bei einem schweren Verlauf sind oft weitere Organe betroffen, oft kann sie auch zu Lungenentzündungen oder Nierenversagen führen.
Ursachen
Alkohol
Alkohol ist in den nördlichen Ländern die häufigste Ursache der akuten Pankreatitis.
Gallensteine
Da der Gallengang zusammen mit dem Pankreasgang in den Dünndarm mündet, können kleine Gallensteine die darin steckenbleiben auch den Abfluss aus dem Pankreas verstopfen. Dies kann dazu führen, dass sich die Verdauungssäfte stauen, und bereits im Pankreas mit verdauen beginnen, und dies löst eine Entzündung aus. Gallensteine sind sehr häufig, fast jeder 3. hat sie. Wenn gross sind, und sie in der Gallenblase bleiben machen sie selten Probleme. Zwar sind Gallensteine eine häufige Ursache für Pankreatitis, aber umgekehrt hat jemand mit Gallensteinen nur äussert selten eine Pankreatitis.
Tumoren
Genauso können auch Tumore im Gallengang, oder solche, die von aussen darauf drücken den Abfluss verschliessen. Dies ist jedoch eine seltene Ursache der Pankreatitis.
Medikamente
Ganz selten kann eine Pankreatitis durch Medikamente ausgelöst werden. Davon geht man vor allem aus, wenn man keine andere, wahrscheinlichere Ursache findet. Die Medikamente, die am häufigsten damit assoziiert worden sind3:
- Didanosine (HIV-Medikament)
- Asparaginase, Mercaptopurine, Cytarabine (Chemo gegen verschiedene Krebsarten)
- Azathioprine (Immunsuppression nach Transplantationen oder Autoimmunerkrankungen)
- Valproat (gegen Epislepsie)
- Mesalazin und Sulfasalazin (Mittel gegen chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Rheuma)
- Östrogene (Pille, Hormonersatz bei Wechseljahrbeschwerden)
- Steroide (Verwante von Cortison)
- Opiate (starke Schmerzmittel)
- Tetracycline, Trimethoprim/Sulfamethoxazole (Antibiotika)
- Furosemide(Wassertablette)
Hohe Blutfette (Triglyceride)
In manchen Familien gibt es sehr hohe Blutfette. Insbesondere wenn das die Triglyceride betrifft, kann das eine Pankreatitis auslösen. Dies ist vor allem der Fall, wenn diese über >1000 mg/dL (in Deutschland üblich) oder 11,3 mmol/l (in der Schweiz üblich) erhöht sind. In diesen seltenen Fällen findet man auch im Blutröhrchen, wenn man es eine Weile stehen lässt, eine «Rahmschicht», so wie ganz links im Bild.
Erblich
Es gibt einige seltene erbliche Veränderungen, die zu Pankreatitiden führen, in solchen Familien kommen diese gehäuft vor, auch passiert das meistens mehr als einmal, und geht in eine chronisch-rezidivierende Verlaufsform über.
Anlagestörungen
In seltenen Fällen ist die Bauchspeicheldrüse «falsch» angelegt, das heisst, dass sie während der Entwicklung des Embryos anders zusammengewachsen ist als üblich. Oft machen kleine Abweichungen keinen Ärger, manchmal aber schon, falls der Abfluss des Verdauungssafts behindert wird.
Behandlung
Schmerzen
Da eine akute Pankreatitis meist sehr schmerzhaft ist, braucht sie oft eine Schmerztherapie welche auch starke Schmerzmittel wie Morphine einschliesst. Manchmal sind auch spezialisierte Schmerztherapien durch Schmerzspezialisten der Anästhesie sinnvoll.
Flüssigkeit
Da durch die starke Entzündung im Körper viel Flüssigkeit im Gewebe versackt, sind insbesondere in der Anfangsphase Infusionen nötig, um dies auszugleichen, und eine Unterversorgung der Organe zu verhindern.
Verhindern von Komplikationen
Thrombosen
Wie bei den meisten schweren Erkrankungen kann es zu Thrombosen, also Blutgerinnseln in den Venen kommen. Dies wird zum einen durch die Inaktivität, das im Bett liegen, begünstigt, andererseits auch durch die Entzündung im Körper. Bei Pankreaserkrankungen kommt es neben Thrombosen in den Beinvenen auch gehäuft zu Thrombosen in der Pfortader, welche das Blut vom Darm in die Leber transportiert. Thrombosen kann man durch Blutverdünner verhindern.
Nierenversagen
Insbesondere durch die Störung des Flüssigkeitshaushalts können die Nieren geschädigt werden. Durch Entzündung werden die Blutgefässe weit gestellt, wodurch viel mehr Flüssigkeit benötigt wird, um sie zu füllen. Auch werden Blutgefässe durchlässiger, und Wasser sickert ins Gewebe. Viele Patienten mit Pankreatitis erbrechen und nehmen dadurch noch weniger Flüssigkeit zu sich. Dies insgesamt führt zu einer schlechteren Durchblutung der Nieren, was sie schädigt. Darum ist eine ausreichende Menge an Infusionen nötig.
Behandlung von Komplikationen
Infekte
Im Rahmen einer akuten Pankreatitis sind vor allem zwei Infekte sehr häufig; Infekte an abgestorbenen (nekrotisierten) Teilen des Pankreas und Lungenentzündungen.
Es ist nicht ganz einfach zu wissen, ob ein Infekt durch Bakterien vorliegt, da auch die Pankreatitis selbst zu sehr hohen Entzündungswerten führt. Wenn der begründete Verdacht auf einen bakteriellen Infekt besteht, wird mit Antibiotika behandelt.
Nekrosen
Nekrose bedeutet abgestorbenes Gewebe. Abgestorbenes Gewebe im Pankreas ist besonders bei der schwereren, «nekrotisierenden» Verlaufsform häufig. Im, und um den Pankreas kommt es dabei zur Verflüssigung des Gewebes. Wenn man Pech hat, infiziert sich das mit Bakterien, wenn man Glück hat nicht. Solche Flüssigkeitsansammlungen innerhalb des Pankreas werden auch «Pseudozysten» genannt, und können sehr lange bestehen bleiben. Wenn sie gross sind, können sie auf umliegende Organe drücken, und so zu Problemen führen. Manchmal bildet der Körper auch eine Kapsel um dieses abgestorbene Gewebe. Wenn es keine Infektion gibt, und sie auch sonst nicht stören, kann man sie in Ruhe lassen. Oft kann man sie, wenn es nötig ist, bei einer Magenspiegelung vom Magen her öffnen und leeren.
Diabetes
Je nachdem, wie viel Schaden die Bauchspeicheldrüse erlitten hat, kommt es hinterher zu einem Diabetes. Da Insulin im Pankreas produziert wird, kann eine Gewebeschädigung zu einem Mangel führen, der nachher mit Insulin-Injektionen ausgeglichen werden muss.
Mangel an Pankreasenzymen
Die Bauchspeicheldrüse stellt Verdauungssäfte her, dies nennt man auch «Enzyme». Enzyme helfen Nahrungsbestandteile aufzuspalten damit sie aufgenommen werden können. Wenn sie fehlen, geht die Nahrung (vor allem Fette und Eiweiss) mehrheitlich unverdaut in den Darm. Es führt zu Krämpfen, hellem Stuhlgang und Durchfall sowie daraus folgende Mangelernährung mit Gewichtsverlust und ggf. Untergewicht. Oft ist nach einer Pankreatitis vorrübergehend oder dauerhaft ein Ersatz der Enzyme mittels Kapseln zu jeder Mahlzeit und Snack nötig.
Behandlung der Ursache
Wenn Gallensteine die Ursache der Pankreatitis sind, sollte man zu Anfang sicherstellen, dass keiner mehr im Ausführungsgang feststeckt, falls doch kann man ihn mit einer ERCP, also einer Prozedur, bei der man über eine Magenspiegelung von innen den Ausführungsgang erweitert, und den Stein rausholt, befreien.
Wenn es einem Patienten /Patientin im Spital mit Pankreatitis wegen Gallensteinen besser geht, sollte man, idealerweise noch bevor er vom Spital nach Hause geht, die Gallenblase rausnehmen, da dort oft noch mehr Steine nur darauf warten, Ärger zu machen.
Wenn Alkohol die Ursache ist, ist Abstinenz die wichtigste Vorbeugung.
Erhöhte Blutfette kann mit Medikamenten und Ernährungsumstellung behandelt werden, auch ist eine Alkoholabstinenz sinnvoll.
Bei genetischen Ursachen ist es schwieriger, es gibt noch keine ursächliche Behandlung.
Wenn Anlagestörungen oder Tumore die Ursache sind, braucht es meist eine Operation, um das Abflusshinderniss zu beseitigen.
Literatur
- Huber W, Phillip V, Schmid R, Schneider J. Acute Pancreatitis: What is new? | Akute Pankreatitis: Was ist neu? Dtsch Med Wochenschr. 2017;142(7):525-529.
- Roberts SE, Morrison-Rees S, John A, Williams JG, Brown TH, Samuel DG. The incidence and aetiology of acute pancreatitis across Europe. Pancreatology. 2017;17(2):155-165. doi:10.1016/j.pan.2017.01.005
Trivedi CD, Pitchumoni CS. Drug-Induced Pancreatitis: An Update. J Clin Gastroenterol. 2005;39(8). https://journals.lww.com/jcge/Fulltext/2005/09000/Drug_Induced_Pancreatitis__An_Update.12.aspx